Urlaub im Seebad
von Simone Keil (Kommentare: 0)
Nach zwei Übernachtungen in Walvish-Bay machten wir uns auf den kurzen Weg zu unserem nächsten Ziel: Der Ostsee-Erholungsort der Namibier schlechthin. Sozusagen: Binz von Afrika.
Die Straße nach Swakopmund war eine B-Straße. Fahrzeit also nur eine halbe Stunde. Der Graue freute sich auf die Erholung.
Die Straßen in Namibia sind so unterteilt: A-Straße = 1A-Straßenqualität, super zu fahren und sehr gut ausgebaut, eine Art Autobahn, durchaus recht zahlreiche Autos unterwegs. B-Straßen = fester Straßenbelag, geteert, eine Art Fernverkehrsstraße. C-Straße = Schotter und Staub-Straße, oft sogenannte „Waschbrett-Straße“, sehr schwierig zu fahren, Gegenverkehr sieht man an der Staubfahne lange, bevor er vorbeituckert. D-Straßen sind eher Wege, eigentlich nur an den Schildern zu sehen, die von der C-Staubstraße abgehen.
Die Straße nach Swakopmund war also in jeder Hinsicht eine Erholung. Rechts die rotgelben sanften Hügel der Namib, über die der leichte Wind wehte. Links der Atlantik mit weißen Schaumkronen und menschenleeren unendlichen Stränden. Und mittendrin die schnurgerade Straße, auf der wir entlangsegelten.
In Swakopmund hatten wir uns ein kleines Häuschen gemietet. Hauptgrund: Eine Waschmaschine. Die verschwitzte Kleidung der Wüstenzeit war doch wechselintensiver, als wir gedacht hatten. Das Häuschen war gemütlich und wie ein Strandhaus an der Ostsee eingerichtet. Um die Ecke ein Spar-Supermarkt, in dem der Graue seine geliebten Cracker kaufen konnte.
Die Stadt Swakopmund ist der Erholungsort für die Namibier, so wie bei uns Warnemünde oder Ahlbeck. Es gibt eine Unmenge schicker moderner Strandhäuser, einen rot-weißen Leuchtturm, ein Meeres-Aquarium (leider geschlossen) und eine Unmenge Souvenirgeschäfte, Cafes und Restaurants. Die Stadt ist die drittgrößte Namibias und hat ca. 45.000 Einwohner. Swakopmund wurde 1892 von deutschen Kolonisten gegründet. Der deutsche Einfluss ist bis heute unübersehbar an jeder Straßenecke, überall wird Deutsch gesprochen.
Wir bummeln durch die Straßen, essen in der „Bäckerei Anton“ eine Apfeltasche und in der „German Bakery“ am Pier einen Pfannkuchen, der hier Berliner heißt. Wir lassen uns treiben, gehen am Strand spazieren und durch die Altstadt wieder zurück. Wir könnten auch fast an der Ostsee sein.
Am Woermann-Haus, einem der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt, besteigen wir den dazugehörigen Damara-Turm. Wir werden mit einem grandiosen Ausblick über die Stadt, die Wüste und den Ozean belohnt. Der Gebäudekomplex wurde 1894 für einen Hamburger Spediteur errichtet und hat seit dem eine wechselvolle Geschichte hinter sich. In den siebziger Jahren wurden die Gebäude aufwendig und historisch restauriert und der Öffentlichkeit übergeben. „In diesen Mauern mög Eintracht dauern“, lesen wir im Treppenhaus. Und in der Kunstgalerie haben wir eine wunderbare Begegnung mit einer älteren Dame, die uns anfangs ein paar kleine Informationen über die ausgestellten Bilder gibt – und uns nach und nach ihre unglaubliche Lebensgeschichte und die ihrer Vorfahren erzählt, die in Schlesien begann und sie nach Namibia führte, wo sie seit den 50-er Jahren lebt. Sie kam als kleines Mädchen nach Swakopmund mit ihrer Mutter und Großmutter. Wir lauschen mit offenen Mündern und hätten noch ewig so weiterhören können. Der Graue schüttelt fassungslos den Kopf und möchte gar nicht gehen, die Dame lächelt zum Abschied und wünscht uns alles Gute.
Und im Treppenhaus auf dem Weg nach unten fällt uns auf, dass wir sie nicht einmal nach ihrem Namen gefragt haben. So bleibt ihre Geschichte eine von wahrscheinlich vielen Deutschen, deren Vorfahren hier landeten und ihren mühsamen und arbeitsreichen Weg gefunden haben.
Ein Wimpernschlag in der Weltgeschichte – und so spannend, dass man es sich nicht ausdenken kann.
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