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Teneriffa - Ushuaia -Tag 9

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Wir nähern uns Rio de Janeiro. Zumindest zeigt das die Karte an. Denn Land ist nach wie vor nicht in Sicht.

Nun also Halbzeit einer bislang ruhig verlaufenen Fahrt.

Aus den Fugen geraten ist das Zeitgefühl. Wochentage haben hier keinerlei Bedeutung. Aber selbst Aussagen über die bereits verbrachte Zeit sind höchst ungenau. Tage? Wochen? Monate? Ein dauermeditativer Zustand hat eingesetzt, der nur unterbrochen wird von den Mahlzeiten.

Doch egal, ob man sich persönlich dem Nirwana annähert oder vorkommt wie im Paradies, der Kalender ist unbestechlich. Ohne jedes Mitgefühl.

Von nun an geht´s also bergab, was die verbleibende Zeit an Bord betrifft. Nicht ganz so ausgelassen wie die Äquatortaufe, wird auch dieser Anlass gebührend gefeiert. In einer großen Anstrengung dekoriert die Crew das Pool-Deck um in einen Freiluftsalon unter Sternenhimmel. Stilvoll wird ein mehrgängiges Menü geboten, Champagner, feine Weine.

Gemeinsam mit Tom und Karola, einem mitreisenden Paar, besetzen wir zu dritt einen Vierertisch. Bevor es losgeht und Kochmaus sich den letzten freien Stuhl schnappt, nimmt eine weitere Person dort Platz: der Kapitän der „Hanseatic nature“, Thilo Natke.

Vom Kochmaustisch zum Kapitänstisch in wenigen Augenblicken. Ich bin erleichtert. Endlich mal keine Hau-drauf-Geschichten aus Mausepotanien oder über einen sagenumwobenen Haushalt in Berlin, in dem sie ein ruhesuchendes Ehepaar in den besten Jahren drangsaliert.

Stattdessen öffnet Kapitän Natke seine Schatzruhe an Seemannsgeschichten und gibt uns einige Kostproben seiner kurzweiligen Erinnerungen. Und so kleben wir an seinen Lippen und reisen mit ihm kreuz und quer über die Meere der Welt und ihre Häfen.

Selbst Kochmaus hört interessiert zu und stellt viele Fragen. Vor allem die Berichte von den Amazonas-Expeditionen folgt sie mit aufgestellten Lauschern. Als Kleinlebewesen fürchtet sie sich bekanntlich vor allem, was größer ist als eine Ameise. Sie schmeißt mit ein paar angelesenen Tiernamen um sich will mehr wissen: Jaguar, Anakonda, Kaiman, Piranhas.

Souverän nimmt der Kapitän ihr alle Ängste und erzählt von diesem einzigartigen Lebensraum am Fluss, umgeben von Regenwald, in dem sich Mensch und Natur seit Ewigkeiten arrangieren müssen. Bald ist klar, dass es selbst für so einen Schisser wie Kochmaus kein Problem wäre, eine Reise auf dem Amazonas zu wagen. Im Gegenteil. Es würde ihren überschaubaren Horizont erfreulich erweitern.

Ein schöner, unterhaltsamer und lehrreicher Abend geht zu Ende. Der Himmel ist immer noch klar. Die Temperaturen beginnen sich allerdings zu ändern. Die drückende Wärme um den Äquator weicht deutlich frischer werdendem Wind.

Nach dem sich der Kapitän verabschiedet hat, ist Kochmaus plötzlich auch verschwunden. Zuvor habe ich sie noch mit der Kreuzfahrtberaterin tuscheln sehen und kombiniere richtig. Kochmaus hat sich einen Blitz-VIP-Termin erschlichen und informiert sich über die nächstmögliche Tour auf dem Amazonas. Besonders interessiert ist sie an einem Tier, über das der Kapitän bereits ausgiebig referiert hatte: das Faultier.

Kochmaus ist sicher, dass Darwins Evolutionstheorie neu geschrieben werden muss, wenn sie nachweist, dass es eine direkte genetische Verbindung gibt zwischen Faultier und Kochmäusen.

Bevor sie allerdings ihre neuen Visitenkarten als „Charlotte Kochwin – Expertin für Mausolution“ in Auftrag gibt, wird zu Hause die Rote da ganz sicher noch ein Wörtchen mitreden.

Andere im selben Haushalt haben aber bereits jetzt Hoffnung, dass sich Kochmaus im Amazonas sinnvoll in der Nahrungskette einordnen kann.

 

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