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Teneriffa - Ushuaia -Tag 15

von (Kommentare: 1)

Am Morgen nach dem Sturm ist die Welt wieder in Ordnung.

Der Himmel zeigt sich mit einem hohen Blau-Anteil. Neue Vogelarten hängen sich hinter das Schiff und begleiten uns. Das Meer ist so ruhig wie auf den Fotos in den Werbebroschüren. Die körperliche Verfassung bessert sich zusehends, die gute Laune gleich mit.

Was am Tag zuvor weggeräumt oder gesichert wurde, wird dennoch nicht wieder aufgestellt. Mit dem Sturm sind wir endgültig in eine andere Klimazone eingefahren. Spätestens jetzt werden Shorts und Flip-Flops gegen Zweckbekleidung und Pudelmütze getauscht. Vom Beach-Look zum Après-Ski-Outfit. Selbst in den windgeschützten Bereichen auf den offenen Decks wird es frisch.

Für den Mittag steht eine Pölser-Würstchen-Party auf dem Programm. Es handelt sich dabei nicht um eine Belohnung von Seiten der Schiffsführung für das gute Mitmachen während des Sturms. Vielmehr praktiziert die Besatzung damit eine alte Tradition, nach der die besagten Pölser kredenzt werden, sobald polare Regionen erreicht sind.

Nach dem Kraftakt der durchstürmten Nacht und der erfrischenden Luft, freut sich der Chronist auf ein herzhaftes Mittagessen. Dabei hat er irgendwie übersehen, dass die Pölser-Party gleichzeitig das heutige Mittagessen in den Restaurants ersetzt.

Nun stehen Würstchen, die aus Tier gemacht sind, nicht auf dem regulären Speiseplan des Grauen. Zum Glück gibt es Alternativen. Erbsensuppe. Mit Speck. Aha?! Dann eben auf zum Crêpes-Stand. Süße Crêpes? Zu Mittag? Crêpes mit Schinken? Schinken. Soso.

Etwas ratlos schaue ich mich um. Wein, Champagner und Grappa werden großzügig gereicht und nachgeschenkt. Soll ich das bisschen, was ich essen würde, stattdessen lieber trinken? Grade erst dem Kettenkarussell des Sturms entkommen, schafft es das Gehirn so langsam wieder geradeaus zu denken. Da will ich es nicht dem nächsten Schwindel ausliefern. Auch wenn er noch so gut gekühlt ist und köstlich schmeckt. Bin ich eigentlich der einzige Mitreisende, der sich mit dieser Art Problem beschäftigt?

Zum Glück steht auch noch ein Teller mit Käsescheiben an der Crêpes-Station. Getreu dem Motto „Wenn du kein Fleisch isst, musst du erfinderisch sein“, klemme ich mir ein paar Scheiben davon unter den Arm und lasse mir vom beleidigt schauenden Würstchen-Koch ein Brötchen befüllen: einmal alles - außer Wurst. In diese fleischfreie Ummantelung parke ich den Käse. Voilá, Käsebrötchen nach Hot Dog-Art. Vielleicht lass ich es mir patentieren, als Fake Dog. Oder die „Hanseatic nature“ nimmt es von sich aus mit auf den Speiseplan für die nächste Pölser-Party. Bis es soweit ist, werde ich mir nächstes Mal beim Frühstück allerdings ein paar Brote für unterwegs schmieren.

Während der Chronist so die Zeit mit seiner artgerechten Ernährung verbringt und um sich selber kreiselt, kreiseln die anderen Gäste fröhlich umeinander herum. Es wird getanzt, gesungen und gelacht. Vor über zwei Wochen waren all diese Menschen Fremde. Man ist sich zwangsläufig ein wenig nähergekommen. Auch mir sind sie nun seltsam vertraut. Eine große Familie auf Zeit.

Am Abend ist die See fast spiegelglatt, der Himmel sternenklar. Alles strömt nach draußen, um das Kreuz des Südens zu bestaunen. Das Sternbild ist gut zu erkennen aber nicht gescheit zu fotografieren. Trotzdem versuchen es alle. Auch ich breche mir mit meinem ganzen Gerödel einen ab, um festzuhalten, was ich sehe. Dann gebe ich auf. Was mache ich da eigentlich?

Die Sterne über uns strahlen uns an. Die Nacht ist wunderbar. Wir fahren auf einem großartigen Schiff. Ich gehöre zu einem kleinen, privilegierten Kreis von Menschen. Alle, die ich sprechen konnte, empfinden es als großes Glück, hier sein zu können. Nichts von dem Erlebten lässt sich in seiner ganzen Tragweite und wahren Tiefe mit technischen Mitteln festhalten oder verewigen.

Das Erlebte und Gesehene der letzten Tage und Wochen sind Samenkörner für die Seele und den Geist. Über die Zeit werden sie in uns zu wundervollen Erinnerungen heranwachsen. Und dann für immer grünen.

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Kommentare

Kommentar von Die Daheimgebliebene |

Schöööön!!!

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