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Teneriffa - Ushuaia -Tag 11

von (Kommentare: 1)

Von einem ehemaligen Kameraden, der bei der Marine Dienst auf einem U-Boot tat, weiß ich, dass dort nach dem Kapitän der wichtigste Mann an Bord der Smutje war, der Koch. Von ihm hing mehr als nur die gute Laune einer Besatzung ab, deren Fernsicht dauerhaft auf maximal 3 Meter beschränkt war. Gute Verpflegung beruhigt nicht nur die Verdauungsorgane, sondern auch die Nerven. Auf engem Raum, in einer abgeschlossenen Umgebung, kann so etwas überlebenswichtig sein.

Ein Kreuzfahrtschiff ist kein U-Boot und trotzdem kommt der Versorgung von Passagieren und Crew auch hier eine besondere Bedeutung zu. Dass es Essen im Überfluss gibt, gehört ausnahmsweise einmal zu den vielen Vorurteilen über Kreuzfahrten, die den Tatsachen entsprechen.

Je nach Schiff und Anbieter werden neben mindestens drei offiziellen Hauptmahlzeiten jede Menge Überbrückungsmöglichkeiten angeboten, so dass niemand Angst haben muss, wegen Unterzuckerung vor dem Erreichen der nächsten Versorgungsstation zusammenzubrechen. Gern wird auch direkt am Liegestuhl serviert oder in der Kabine. Ganze Abteilungen unsichtbarer Helfer arbeiten tief unten im Bauch des Schiffes an der Neu-Modellierung der Passagierbäuche.

Okay, das war jetzt eine gehässige Wortspielerei, um einen billigen Gag zu platzieren. Tatsächlich war das Angebot an Speisen auf jedem Schiff, auf dem ich mitgefahren bin, äußerst vielseitig und für alle Vorlieben war etwas dabei: kalorienreduziert und gesund, ebenso wie das genaue Gegenteil: Fett und Zuckerbomben in einer Menge, als wäre dafür gerade Sommerschlussverkauf.

Da es sich auf Kreuzfahrten bei den Mahlzeiten um Angebote handelt und nicht um Zwangsernährung, liegt die Verantwortung für mögliche physische Deformationen ihrer Körper letztlich bei den Gästen selbst. Das sind schließlich erwachsene Menschen, die wissen sollten, was gut für sie ist. Was sie an Bord definitiv sehr schnell erfahren werden ist, was ihnen gut schmeckt. Ziemlich viel.

Und hier fällt zumindest ein Teil der Verantwortung für eventuelle Maßlosigkeit auf die Reiseveranstalter zurück. Sie machen es ihren Gästen sehr einfach, sich der Völlerei hinzugeben. Und dazu verleiten nicht die durchaus vorhandenen Salatblätter mit Wasserdressing, sondern eher die Speisen, die in Form, Farbe und Präsentation zum Verzehr nicht einladen, sondern regelrecht darum flehen. „Nimm mich in den Mund“ schreit unisono ein riesiger Kalorien-Chor stumm aus den Vitrinen und Warmhaltebehältern. Und wer wollte denn ernsthaft einem schnuckeligen Pastetchen, einem saftigen Stück Fleisch oder einer zuckersüßen Nachspeise diese Bitte abschlagen? Wir sind doch alle nur Menschen.

Nun korrespondiert die grenzen- und selbstlose Hilfsbereitschaft des Passagiers zur artgerechten Verwendung von Lebensmitteln leider nicht mit dem eigentlichen Fassungsvermögen seines Magens. Was immer sich die Natur dabei gedacht haben mag, irgendwann ist man nämlich satt. Voll - im Sinne des Wortes. Obwohl man noch gar nicht von allem gekostet hat. Wie gern möchte man noch hiervon und davon probieren, aber schmerzfrei geht es nicht. Weiter zu essen wäre unklug, ist aber nicht strafbar. Und so kann man zusehen, wie an Bord eines Schiffes ein kollektiver Selbstversuch einsetzt, um die Einstellung individueller Essrekorde.

Sind die anfänglichen Hemmungen erstmal gefallen, setzt die Gewohnheit ein. Wer zu Hause an Land mit zwei bis drei Mahlzeiten gut über den Tag kommt, für den werden jetzt fünf zum Normalfall. Nicht der Hunger löst den Griff zu Teller und Besteck aus, sondern die Uhr. Pawlow lässt grüßen. Sobald die Zeiger auf die angezeigten Essenszeiten springen, setzt der Speichelfluss ein.

Die spannende Frage für die Fahrt nach Ushuaia ist, wie wirken sich 18 Tage auf See ohne Zwischenstopp auf den Küchenplan aus? Welche frischen Produkte, Obst, Gemüse etc. gehen zuerst zur Neige? Ab wann gibt es nur noch Kartoffelsuppe? Die Wahrscheinlichkeit bis zum Ziel alle satt zu bekommen dürfte recht hoch sein. Aber wie sieht es mit der gewohnten Kulinarik aus?

An Bord der Hanseatic nature ist für diese Fragen eine junge Küchenchefin zuständig. Sie hat ausgezeichnete Referenzen und mittlerweile mehrjährige Erfahrungen als Köchin an Bord verschiedener Schiffe. Ihr steht ein Team von rund 20 Personen zur Seite, darunter ein Bäcker, ein Konditor und ein Metzger, der außer für Fleisch und Wurst auch für den Fisch zuständig ist. Was sie zubereiten, können die Passagiere in drei Restaurants zu sich nehmen: Lido, Hanseatic und das Spezialitätenrestaurant Hamptons.

Das Lido bietet zu allen Mahlzeiten ein abwechslungsreiches und großzügiges Buffet an mit Salaten, kalten Vorspeisen, ständig wechselnden Pasta-Gerichten, Gemüse, Beilagen aller Art, Fleisch und Fisch, Käse, Brot und Desserts. Hier geht es relativ ungezwungen zu. Vor allem der große Außenbereich ist beliebt. Es gibt nichts Schöneres, als unter freiem Himmel mit unterverbautem Blick aufs Meer zu speisen.

Immer wieder überrascht die Küche mit Spezialitäten und Themenküchen. Ob spanisch, arabisch, karibisch, griechisch, Variationen vom Lachs, Pasta-Tag, Meeresfrüchte oder Sushi: kleine Highlights auf dem sowieso schon abwechslungsreichen und vielseitigen Speiseplan.

Im Hanseatic Restaurant wird ein ständig wechselndes Menü angeboten. Auch hier geht es entspannt zu. Der Gast spart sich die Rennerei zwischen Tisch und Buffet. Das Essen wird serviert. Etwas exklusiver, mit 40 Sitzplätzen, ist das Hamptons mit einem Fokus auf amerikanischen Spezialitäten. Vor allem Freunde von Steaks kommen hier auf ihre Kosten. Anmeldung erforderlich. Das Ganze natürlich ohne Aufpreis, im Gegensatz zu vielen anderen Kreuzfahrtschiffen, bei denen Besuche in deren Spezialitätenrestaurants extra in Rechnung gestellt werden.

Tagsüber steht am Pool-Deck ein Angebot von kleinen und großen Snacks, Waffeln und Eis bereit. Tee und Kaffeegetränke gibt es dort ebenfalls.

Alle Speisen sind im Reisepreis inbegriffen. Alkoholische Getränke kosten extra. Auf den zahlreichen Veranstaltungen, zu denen eingeladen wird, gehen Champagner und Wein regelmäßig aufs Haus bzw. aufs Schiff.

In jeder Kabine findet sich eine moderne Kaffeemaschine mit Kapseln, für die ein amerikanischer Schauspieler Werbung macht und eine Minibar. Die wird täglich aufgefüllt mit einer Auswahl nichtalkoholischer Getränke.

Und schließlich der Room Service. 24 Stunden, rund um die Uhr.

Zweidrittel der Strecke sind geschafft. Menge und Qualität der Verpflegung ist so gut wie am ersten Tag. Ich sehe gute Chancen, dass es bis zum Zielhafen weiterhin jeden Nachmittag frische Waffeln und Eis auf dem Pool-Deck gibt.

In Ushuaia wird dann allen Passagieren gnadenlos die Schlussrechnung in einer eigenen Währung aufgetischt: Kilogramm. Leider nimmt die nicht mal der Zahlmeister entgegen. Jeder trägt sie schön selbst mit nach Hause. Gleichmäßig auf die Hüften verteilt.

Bis zur nächsten Kreuzfahrt heißt es dann, egal ob mit Saftfasten oder Extremsport: „Zurück zur alten Kleidergröße“.

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Kommentare

Kommentar von Problemcousine |

Kleidergrößen sind doch nur Handlungsempfehlungen für den nächsten Besuch in den Konsumtempeln der Großstadt.

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