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Miss Piggy in warmer Cola

von (Kommentare: 2)

Der Rio Negro – so sagte einer der Lektoren – habe die Farbe von Cola. Unter der schwarzen Wasseroberfläche schimmert ein bisschen Rot durch. Und wenn man die Hände vom Zodiac aus ins Wasser taucht, sieht man, dass es trotzdem ganz klar ist. Wenn es allerdings rosa unter der Wasseroberfläche schimmert, ist Kreischalarm: Rosa Delphine!

Wir haben einen Ausflug gebucht. Mit Handtuch und Badesachen steigen wir in ein Ausflugsboot, das uns direkt vom Schiff abholt. Der Graue hat wieder Übergepäck wegen seiner gesamten Kamera-Ausrüstung. Wir fliegen auf dem Wasser dahin, lassen Manaus hinter uns und erreichen nach einer Stunde Fahrt eine kleine Station in einem der vielen Flussseitenarme. In der Umgebung leben die Flussdelphine in freier Wildbahn, die an der Station gefüttert werden, damit die Touristen sie einmal aus der Nähe sehen und sogar anfassen können. Wir steigen ins Wasser, der Guide holt ein Stückchen Fisch aus dem Eimer, und schon wimmelt es unter Wasser von schweinchenrosa Delphinen, die zwischen uns hin und her sausen, uns anstupsen, uns zur Begrüßung in die Seiten knuffen und an meinem Oberschenkel langstreifen. Am Anfang ist große Aufregung im Wasser, und kleine spitze Schreie begleiten die Szenerie. Es ist einfach zu unwirklich. Wir im Rio Negro, und rosa Delphine um uns herum, die sich streicheln lassen. Das glaubt uns doch kein Mensch.

Obwohl die Tiere über 120 Zähne haben, beißen sie uns natürlich nicht. Sie stupsen nur, mal mehr und mal weniger. Als ich sie anfasse, ist es ein bisschen wie Speckschwarte. Wir schließen Freundschaft mit dem ersten Kontakt. Das werde ich bestimmt nie vergessen.

Von der Begegnung noch ganz benommen, fahren wir mit dem Boot zurück in Richtung Manaus, und machen Halt an einem kleinen Dorf mitten im Dschungel. Der Ort heißt Paricatuba, seine Sehenswürdigkeit besteht in einer sehr alten Ruine, die eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat. In der Tat ist das Bauwerk sehr beeindruckend – und zeigt in atemberaubender Intensität, wie die Natur hier im Amazonas der Chef von allem ist. Sie holt sich alles zurück, wenn der Mensch es eine Natur-Sekunde aus den Augen und in Ruhe lässt. Das Gebäude ist über und über bewachsen und überwuchert. Bäume und Schlingpflanzen wachsen aus den Türen und Fenstern. Wir durchqueren (ohne Absperrungen, Haftungsschilder und andere Verbotsanweisungen) die ehemaligen Räume, bewundern die Reste von wunderschönen Wandmalereien und Bodenfliesen, die in Deutschland mit Sicherheit schon ein windiger Händler weggeschleppt hätte. Es würde mich keine Sekunde wundern, wenn Klaus Kinski mit irrem Blick um die Ecke gucken würde, „Papillon“ hier geflohen wäre oder King Kong gleich durchs Portal springt.

Der Gebäudekomplex war früher ein Gefängnis und später auch eine Isolierstation für die Lepra-Kranken aus Manaus. Beides passt absolut. Wenn die Sonne ihren Weg durch den grünen Bewuchs findet, ist es die perfekte Filmkulisse.

Ein paar Kinder rennen uns hinterher, Hühner flattern gackernd davon. In der Ferne hören wir das vertraute Knattern von Motorbooten. Wir werfen beim Einsteigen ins Boot einen Blick zurück auf die bunten Buchstaben auf dem Dorfplatz: Ich liebe Paricatuba.

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Kommentare

Kommentar von Sophia |

Sieht aus wie im Dschungelbuch! Wo ist Kind Lui?

Kommentar von Petra |

Es ist beeindruckend, was Ihr erlebt und zu "Papier" bringt, dazu noch die tollen Fotos! Wir verfolgen Eure Reise aufmerksam weiter. Bleibt gesund und weiterhin viele tolle Erlebnisse.

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