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Lockdown in Panama #3-Mai

von (Kommentare: 2)

Mai - Mayo

Montag, 4. Mai:

Die deutsche Botschaft informiert, dass es am 11. Mai einen letzten, von der französischen Botschaft koordinierten Rückflug für EU-Bürger geben soll. Meine Tochter Susi und ich melden uns an. Im zweiten Informationsgang erfahren wir, dass das bei der mallorquinische Billigfluglinie Evelop gecharterte Flugzeug eine Zwischenlandung in Honduras macht, dort weitere gestrandete Europäer aufnimmt und dann nach Paris CDG fliegt. Das Flugticket bis Paris würde 450 € kosten, die Weiterreise zum Heimatort muss sich jeder selbst organisieren. Ich stöbere im Internet nach Anschlussflügen und -zügen und komme auf eine Gesamtreisedauer von über 35 Stunden und Gesamtkosten von 800 bis 900 € pro Person.

Mittwoch, 6. Mai:

Während Susi noch überlegt, wie sie am besten von Bocas nach Panama City kommt und ich abwäge, ob dieser Weg mit einer so langen Reisedauer und so vielen Fremdkontakten tatsächlichen der richtige für mich ist, kommt die Absage der deutschen Botschaft: Es haben sich über 800 Europäer für den Flug beworben, was die Kapazität des Airbus A330 bei weitem übersteigt.

Freitag, 8. Mai:

Seit ein paar Tagen machen die Anwohner in den umliegenden Blocks und Straßenzügen jeden Abend um 19 Uhr Lärm wie bei einer Gefängnisrevolte, schlagen mit Besteck auf Kochtöpfe, trommeln und pfeifen aus Protest auf die scharfen Restriktionen, die tatsächlich den Vergleich mit Gefängnissen nahelegen. Die Polizei hat nun in die zuvor leerstehenden Hotels Victoria Suites und El Parador jeweils 90 Mann einquartiert, Anreise getarnt in Schulbussen und Krankenwägen. Andererseits erlaubt der Staat ab Samstag wieder den Verkauf, Besitz und Konsum von Alkohol in kleinen Mengen. Ab Samstag, einem Tag mit genereller Ausgangssperre, an dem auch alle Supermärkte geschlossen haben.

Sonntag, 17. Mai:

Leere Straßen, nach wie vor strenge Restriktionen. Gute und schlechte Nachrichten. Zuerst die schlechte: Die Grenz- und Flughafenschließungen werden ab 22.05. zum wiederholten Mal um zunächst weitere 30 Tage verlängert! Jetzt der Trostpreis: Zur Aufheiterung der trüben Stimmung hat der Hotelbesitzer heute ein halbes Wildschwein braten lassen und die wenigen verbliebenen Hotelgäste zu einem wahren Festmahl eingeladen, inklusive Bier, Wein, Kaffee und Nachspeise! So sind die Panamaer! Gastfreundlich und warmherzig! Übrigens: Das Hotel verfügt über 220 Betten. Wir sind nur noch 8 Gäste. Jeder hat seinen eigenen Tisch und ausreichend Distanz zum nächsten. Der Chef des Hauses serviert persönlich – mit Mundschutz natürlich. Ein tolles Gemeinschaftserlebnis!

Montag, 18. Mai:

Heute verzeichnet das kleine Panama mit seinen 4,4 Millionen Einwohnern bereits 9.800 Corona-Fälle mit 285 Toten.
Der internationale Flughafen Tocumen am Stadtrand von Panama City ist zwar für den kommerziellen Flugverkehr geschlossen, lässt aber humanitäre Flüge zu. Dazu gehören Ambulanzflüge und staatlich organisierte Rückholflüge. Auf der Website des Flughafens konnte ich beobachten, dass in den letzten beiden Monaten jede Woche ein KLM-Flug nach Amsterdam und ein Qatar-Flug nach Lüttich stattfanden. Meine Anrufe bei den Airlines ergaben, dass diese Flüge nicht öffentlich buchbar sind, sondern von den Niederlanden und Belgien als humanitäre Rückholflüge für ihre Staatsbürger deklariert waren.
Bei der Lufthansa-Group steht ein gutes Dutzend Langstreckenflieger auf dem Boden, hunderte von Piloten würden liebend gerne fliegen und hunderte europäische und Schweizer Staatsbürger warten auf eine Rückholung aus Mittelamerika. Könnte man nicht mal einen Lufthansa- oder Condor-Flug nach München oder Frankfurt organisieren, zumal die Rückholflüge von den Fluggästen bezahlt werden und nicht dem Steuerzahler zur Last fallen, wie so manche bereits statt gefundene und geplante Airline-Rettung (Condor, LH)? Ich stelle diese Frage per Mail an die Deutsche Botschaft in Panama.

Mittwoch, 20. Mai:

Die Antwort der deutschen Botschaft in Panama besagt wörtlich „die Rückholaktion der Bundesregierung ist abgeschlossen“ und „diese Flüge sind mit viel Verwaltungsaufwand verbunden“. Ich verstehe das so, dass sich die von unseren Steuergeldern nicht zu knapp bezahlten Staatsdiener keine weitere Arbeit machen wollen. Susi hat über Facebook von einer Privatinitiative gehört, die einen Flieger chartern will. Mal sehen, was da dran ist und ob die Regierung dabei den humanitären Status abnickt.

 

Panama City gleicht einer Geisterstadt. Die Via España, sonst eine der belebtesten Verkehrsadern der Stadt, praktisch autofrei! * Noch lange kein Exit in Sicht * Ausverkauf: THE PANAMA GOOD TIMES – SOLD OUT!

Donnerstag, 21. Mai:

Susi ruft zum Family-Skypen. Sie hat uns allen etwas Wichtiges mitzuteilen. Sie ist schwanger! Ich freue mich riesig! Das Leben ist voller Überraschungen! Am Schluss werde ich hier in Panama noch zum ersten Mal Opa! Nein! Wir kommen früher zurück! Wir wissen nur noch nicht genau wann und wie.

Susi und Bald-Opa Klaus

von Klaus Heller, Reiseführer- und Sachbuchautor
© Klaus Heller 2020, www.klaus-heller.de
Tel.: 00507-6138-1591 (ab 17 Uhr MESZ), Skype: letmeflynow

Lockdown Panama - Corona-Tagebuch

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Kommentare

Kommentar von Sigrid Kowalewski |

Das ist sehr spannend, bitte weiterschreiben. Ich freue mich schon mehr von Klaus Heller Abenteuer zu erfahren. Halt durch, Klaus! Liebe Grüße aus München von Sigrid und Achim ❤️

Kommentar von Martina |

Mir sind gerade die Tränen gekommen bei dieser Tapferkeit!!! ich drück ganz fest die Daumen, dass es bald bald vorbei ist. Im vergleich dazu sind wir hier auf der Insel der Glückseligen. Viele Grüße von Martina (und Günter, Nachbarn von Peter und Simone). Falls du mal nach Berlin kommst, würden wir dich gerne persönlich kennenlernen.

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