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Expertendämmerung

von (Kommentare: 3)

Influenzer-Influenza

Wenn der Ausnahme-Zustand zur Normalität wird, was wird dann eigentlich zur neuen Ausnahme? Und wer bestimmt das überhaupt?

Dazu sollten wir unbedingt einen Experten fragen. Von denen haben wir nämlich zur Zeit deutlich mehr als vom Virus befallene Mitmenschen.

Ob Du den Fernseher einschaltest, das Internet startest oder eine Zeitung in die Hand nimmst, die Experten sind schon da. Sie schreien uns ihr Nichtwissen entgegen. Aufgefordert werden sie dazu von sogenannten „Redakteuren“ und „Journalisten“, die neuerdings als Stichwortgeber und verlängerter Arm des Regierungssprechers oder als Aussenstelle des Luftblasen verbreitenden Robert-Koch-Instituts ihre sicheren Arbeitsplätze verteidigen.

Diejenigen, die weniger in Lohn und Brot eines Arbeitgebers stehen, versuchen über die Runden zu kommen, indem sie sich entweder selbst zu Experten erklären oder den Experten eine Plattform bieten, die von den Mainstream-Medien derzeit lieber kein Megaphon in die Hand gedrückt bekommen.

Wurde jemals zu einem Sachverhalt auch noch die letzte Nische unseres gesellschaftlichen Lebens dermassen durchkommentiert wie heute? Ob aus Medizin, Wirtschaft, Soziologie, Philosophie, Juristerei oder Politik: Halbwissen, Nixwissen, Ahnung, Befürchtung und Glauben fassen sich bei den Händen und tanzen Ringelrein um uns herum, die wir ahnungslos und lämmergleich brav in der Mitte stehen bleiben - mit 1,5 Meter Abstand zu Fakten, zur Wahrheit, zur Verschwörung und zu denen, die mal unsere Mitmenschen waren.

Dabei könnten wir genausogut Experten sein. Man müsste uns nur fragen. Dann würden wir mal so richtig unsere Sach- und Fachkompetenz unter Beweis stellen: fürs Bessermachen, fürs Andersmachen, fürs Garnixmachen, vor allem aber fürs Besserwissen. Das alles geht jetzt gut, in Zeiten, in denen gerne auch mal ein Argument von einem Totschlag-Argument gekillt wird.

Endlich darf auch wieder gepetzt werden. Ganz früher, in den ganz schlimmen Zeiten, hieß das Denunziation. Zum Glück macht man das heute nicht mehr. Schließlich leben wir in einer Demokratie, in einer Zivilgesellschaft, einer Gemeinschaft von Anständigen. Da wird nicht denunziert. Da wird den Behörden gemeldet und bei der Polizei ordentlich angezeigt.

Jeder, der nicht in die Armbeuge hustet (äh, wer war gleich nochmal verantwortlich für Mundschutz für alle?), in Gruppen von mehr als 2,5 Menschen zusammensteht oder den Mindestabstand zum nächsten Lebewesen mit 1,49 Metern und weniger unterschreitet, steht bereits mit mehr als einem Bein auf der „dunklen Seite“.

Dank Infektionsschutzgesetz und Kontaktsperre bleiben die Ordnungshüter unseres Gemeinwesens auch zukünftig nicht arbeitslos. Während der herkömmliche Kriminelle (Betrug, Diebstahl, Mord etc.) in Corona-Ferien weilt oder in den Vorruhestand wechselt, können jetzt endlich auch bislang unbescholtene Bürger erfahren, wie es sich so anfühlt, Gesetzesbrecher zu sein.

Neue Bussgeldkataloge helfen dabei, um die Menschen in kleinen, verdaulichen Häppchen an die Einschränkungen ihrer Grundrechte zu gewöhnen - bis es irgendwann keine mehr gibt. Dem Infektionsschutzgesetz als die neue Verfassung und der Kontaktsperre als das neue bürgerliche Gesetzbuch sei Dank.

Damit auch die letzten Zweifler zum Schweigen und zur Räson gebracht werden, zeigen die Verantwortlichen lautstark und mit dem spitzen Zeigefinger gerne auf Länder jenseits unserer Staatsgrenzen. Nach dorthin, wo im Dunst der Viruswolke noch rigoroser und unverschämter in Richtung Obrigkeitsstaat und Autokratie gesteuert wird - mit langsam größer werdender Peitsche und ganz ohne Zuckerbrot. Wieviele von den Politikern, die sich hierzulande darüber lautstark empören, würden es wohl gerne genauso handhaben? Noch eine Weile Corona und wir werden es erfahren.

Bekanntlich hat ja alles zwei Seiten und das Gute an Corona (ja, das gibt es!) ist die Hoffnung auf ein ewiges Leben, wenn die tödliche Virusgefahr irgendwann endlich gebannt sein wird. Denn seit Corona stirbt ganz offensichtlich niemand mehr an Altersschwäche, an Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs. Was in der Logik aller Experten heißen muss: als Belohnung für die Überwindung der Krise, mit dem Sieg über Corona, folgt für uns alle die Unsterblichkeit.

Und? Wie klingt das? Alles Corona - oder was?

Bis es soweit ist, lass ich erstmal den Fernseher aus. Schau mir im Internet lustige Katzenvideos an und zerschneide die Zeitungen in handliche Stücke - in Ermangelung von Klopapier.

Wichtige und verlässliche Informationen beziehe ich seit gestern aus den Eingeweiden eines frisch geschlachteten Huhns. So ein Huhn und seine Innereien wiegt derzeit das hohle Dröhnen jeder Expertise auf.

Demnach verkündet das Hühner-Orakel:

1. Genießt die Sonne, bevor ein Experte herausfindet, dass sie morgen nicht mehr aufgeht.

2. Esst ein Eis, bevor ein Experte verbreitet, dass man vom Eisessen einen Hirntumor bekommt.

3. Fasst eure Liebsten bei den Händen, bevor ein Experte erklärt, dass dies eine unzulässige Alternative zur Alternativlosigkeit ist.

 

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Kommentare

Kommentar von Günter Perreng |

Sehr unbestechlich analytisch, sehr empathisch, erfrischend zornig...

Kommentar von Problemcousine |

Deinem Kommentar zur " Gesamtsituation" kann man sich nur anschließen. Wenn man eine Situation heraufbeschwört, muß man eine klare Exitstrategie vor Augen haben, die vermisse ich bisher. Als Anästhesist und Notfallmediziner kann ich nur sagen : Wenn ich einen Patienten intubiere und beatme, muß ich in dem Augenblick auch an das Ende der invasiven Maßnahmen denken - der Plan B sollte immer im Hintergrund unseres (?) Handelns verfügbar und realistisch sein.
Im Nachhinein kann man Euch zu Eurem Reisetermin nur gratulieren....
Ostergrüße aus dem sonnigen und einsamen Norden

Kommentar von Martina |

Du sprichst bzw. schreibst mir aus der Seele, lieber Peter

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