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Brückentag

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Die 330 Kilometer von Ålesund bis zu unserem nächsten Ziel Trondheim sind eine halbe Tagesreise. Wenn wir es eilig hätten. Haben wir aber nicht. Ganz im Gegenteil. Heute ist auf unserer Tour de Norvège Extrem-Sightseeing angesagt. Und dazu wählen wir einen Umweg. Noch bevor wir die eigentliche Attraktion erreichen, sind wir schon wieder wie besoffen vom Wetter und der Landschaft.

Ein paar Kilometer auf der Straße, ein paar Seemeilen per Fähre und wir rollen auf die legendäre Atlantikstraße zu, die Atlanterhavsvegen, wie die Norweger sie nennen. Sie ist ein Teil der norwegischen Reichsstraße 64 zwischen Molde und Kristiansund.

Die Atlantikstraße umfasst einen 8274 Meter langen Abschnitt, auf dessen Verlauf acht Brücken über mehrere kleine Inseln führen. Ein bisschen Florida-Keys-Feeling im hohen Norden. Am 7. Juli 1989 eröffnet, wurde die Atlantikstraße im Jahr 2005 von der Bevölkerung Norwegens zum „norwegischen Bauwerk des Jahrhunderts“ gewählt. Selbst James Bond bretterte über die Strecke. Szenen des 2021 erschienenen Films „Keine Zeit zu sterben“ wurden hier gedreht. Klar, dass hier auch der erste T-Shirt-Kauf dieser Reise stattfindet.

Auf der Weiterfahrt zieht der Himmel zu. Regen fällt aus grauen Wolken. So haben wir Norwegen auf unseren vorherigen Reisen zur Genüge kennengelernt. Nichts für Leute mit starken Gemütsschwankungen. Unsere Unterkunft, 10 Kilometer vor Trondheim, spielt dieselbe traurige Melodie wie das Wetter. Der Sammelpunkt für Trucker und sonstige Heimatlose ist so einladend wie Fußpilz.

Das angekündigte Restaurant hat lange keine Besucher mehr gesehen und den Eigentümer wohl auch nicht. Überhaupt sind wir bei unseren Unterkünften bislang noch keinen Menschen begegnet. Alles läuft per Mobiltelefon-App, Schlüsselboxen und Codes. Jedes Mal fühlen wir uns ein bisschen wie Spione, die in die Kälte fahren. Die erwartet uns diesmal im Gemeinschaftsbad. Warmes Wasser gibt es minutenweise nur gegen Münzgeld. Norwegisches versteht sich.

Um die Nacht seelisch unbeschadet zu überstehen, suchen wir in der Innenstadt Beistand am Nidarosdom, eine der bedeutendsten Kirchen des Landes und lange Jahre die Krönungsstätte der norwegischen Könige. Unweit der Notre Dame des Nordens wacht Olav Tryggvason, Stadtgründer von Trondheim. Von seinem 18 Meter hohen Standplatz überblickt er das historische und wachsende moderne Stadtbild.

Wenn er genau hinschaut, kann er auch uns von hoch oben sehen, durch die Fenster eines coolen Restaurants. Dort zelebrieren wir beim Abendessen zugleich unsere persönliche Krönung und spirituelle Erleuchtung. Auf dem Teller wird Sonne serviert: Pasta, Pesto, Burrata.

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