Bärig
von Peter Schäfer (Kommentare: 1)
Die bekanntesten Bären in Deutschland sind ohne jede Frage bunt, essbar und machen nicht nur Kinder froh. Nicht ganz so bekannt, dafür deutlich bunter - und eher ein optischer als ein kulinarischer Genuss - sind eine neue Art von Bären, die vor etwa 20 Jahren ihren Siegeszug rund um die Welt angetreten haben.
Buddy Bären
„Besser gut geklaut als schlecht erfunden“, das ist das erste Gebot jeglicher Form von Produktpiraterie. In der Kunst nennt man das auch „Plagiat“, wenn man dem Diebstahl oder der „Anleihe“ von geistigem Eigentum Anderer kritisch gegenübersteht. Wer der Kopie grundsätzlich positiv begegnet, benutzt gerne den versöhnlicheren Begriff vom „Zitat“.
Meistens ändert das aber auch nichts daran, dass die Urheber einer Idee nicht danach gefragt werden, ob sie überhaupt „zitiert“ werden wollen. Sei’s drum. Tatsächlich kann eine Kopie durchaus die Originalvorlage übertreffen. Am häufigsten finden wir das in der modernen Musik, wenn ein Titel erst durch eine neuartige Interpretation (sogenannte Cover-Version) dem ursprünglichen Werk zu seinem Durchbruch verhilft. So ähnlich verhält es sich mit den sogenannten Buddy Bären, von denen hier die Rede sein soll.
Buddy ist quasi neudeutsch und bedeutet so viel wie Kumpel oder Freund. Da „Kumpeliger Freundschaftsbär“ oder „Freundschaftlicher Kumpelbär“ ein wenig sperrig klingt, belassen wir es hier bei „Buddy Bär“. Dabei handelt es sich um eine lebensgroße Bärenskulptur aus witterungsbeständigem glasfaserverstärkten Kunststoff. Auf den ersten Blick ähnelt sie einem übergroßen Gummibären, der vor Schreck die Arme hochreißt, als würde er soeben überfallen. Richtig interessant wird eine solche Skulptur aber erst durch einen individuellen Anstrich. Denn die unendlich klonbaren Kopien bieten ebenso unendliche Möglichkeiten zu gestalterischer Einzigartigkeit.
Eine Skulptur bietet von ihrem Wesen her eben mehr als nur eine Ansichtsmöglichkeit. Dem einen Blickwinkel, der einen Draufsicht, schließen sich unzählige weitere an. Je nach Perspektive eröffnen sich dem Betrachter neue An-und Einsichten zum Objekt. Wird das Ganze nun farblich gestaltet, kann sich aus einer scheinbar eindeutigen Sache ein schier unergründlicher Kosmos von visuellen Eindrücken ergeben. Jede einzelne Skulptur sowie das gesamte Konzept werden damit zu einer Kunstform, die weder einen Anfang noch ein Ende haben. Im besten Falle erfordert das wiederholt einheitlich geformte, aber einzigartig bemalte Exponat Geduld, Aufmerksamkeit und einige Umrundungen, um es in seiner Gänze zu ergründen. Nachteil: zeitintensiv. Vorteile: es gibt immer etwas Neues zu entdecken und die Einlassung darauf ist ein perfektes Mittel zur Entschleunigung. Wer meint, ein solches Kunstwerk im Vorbeigehen konsumieren zu können, schafft das nur, indem er mindestens 80% seines Gesamtinhaltes ignoriert.
Wer hat’s erfunden?
Nochmal zurück zum anfänglich erwähnten Ideenklau. Also: Wer hat’s erfunden? Richtig! Die Schweizer! Nicht die Bären, sondern die Kuh. Der Buddy Bär adaptiert nämlich eine Idee, deren Ursprung sich in der Zürcher Kuh-Kultur von 1998 wiederfindet und seitdem als Cow Parade zu internationaler Bekanntheit gelangt ist. Diese hatte wiederum bereits einen Vorläufer, ebenfalls in Zürich, wo 1986 bunt bemalte Löwenskulpturen (Löwen sind das Wappentier Zürichs) in der Stadt aufgestellt wurden. Als das PR-Potential der bunt bemalten Kühe erkannt wurde, folgte die Gründung der CowHolding Parade AG, eine Schweizer Gesellschaft, die diese Idee seitdem international vermarktet.
Inzwischen haben solche „Tierparaden“ weltweit Konjunktur, abhängig von lokalen Besonderheiten reicht die Glasfaser-Tierhaltung inzwischen vom Schwein bis zum Waschbären.
2002 entschied man sich in Berlin aus naheliegenden Gründen für den Bären. Aus dem wurde der besagte Buddy Bär, der wiederum internationale Ableger hervorbrachte: die United Buddy Bears.
United Buddy Bears
Mit der Idee des friedlichen Nebeneinanders sollen diese speziellen Bären für Toleranz und Völkerverständigung werben. Inzwischen besteht der Kreis der United Buddy Bears aus über 140 Bären. Jeder von ihnen repräsentiert ein von den Vereinten Nationen akzeptiertes Land und wurde von einem Künstler des betreffenden Landes gestaltet. Die Ausstellungen werden von den Veranstaltern auch Die Kunst der Toleranz (The Art of Tolerance) genannt. Gleichzeitig engagiert sich das Projekt für karitative Zwecke. Durch Versteigerungen einzelner Bären werden Spenden für weltweite Kinderhilfsorganisationen (UNICEF, SOS-Kinderdorf) generiert. Aber auch kleinere lokale Organisationen, wie das Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“, profitieren davon.
Das Projekt wurde erstmals im Sommer 2002 auf dem Pariser Platz in Berlin präsentiert. Danach trat es seine Reise rund um die Welt an, kam zwischendurch immer wieder mal nach Berlin zurück, so auch zum 65. Geburtstag, den der Tierpark 2020 beging. Seitdem sind die United Buddy Bears nach vielen Stationen noch immer in der Hauptstadt zu sehen.
Auch wenn die Bärenkumpel ständig einen Koffer in Berlin zu stehen haben, sitzen sie gleichzeitig permanent auf einem anderen, der gepackt ist für die nächste Weiterreise. Wer demnächst also nicht unbedingt nach Athen, Peking, Singapur oder Prag reisen will, um die Buddy Baers zu sehen, sollte die Gelegenheit der kurzen Anreise nutzen, und sich in die U5 Richtung Tierpark schwingen. Es lohnt sich!
Buddy Mäuse
Es grüßte die größte Trittbrettfahrerin unter den Kopisten.
Kommentare
Kommentar von Problemcousine |
Kochmaus for ever ! United Kochmaus - wäre eine gute Idee . Dann aber Trittbrettfahren auf dem Molli oder Rasenden Roland. Besonders gelungen ist sie m.M. nach mit Schnurrrrrbarrrt. Grüße von den Coronies.
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